· 

Neuer Knigge-Tipps für den Restaurant-Besuch

Souveräne Umgangsformen, welche im gesellschaftlichen Umfeld gelten, hat der moderne Gentleman längst verinnerlicht. Im Restaurant hingegen gerät die gute Kinderstube mitunter in Vergessenheit. Auch eine deutlich gestiegene Nachfrage nach moderierten Abendessen zeigt dies. Knigge-Trainerin Birgit A. Eggerding verrät im Gentleman-Blog, was man bei der modernen Ess- und Tischkultur unbedingt beachten sollte.

 

Im Allgemeinen geht es bei der Tisch-Etikette nicht darum, starre und althergebrachte Regeln zu befolgen, sondern um eine mit Leichtigkeit zelebrierte Lebensart an Tisch und Tafel. Der heutige Artikel ist beispielhaft für den Restaurant-Besuch eines Paares.

 

UNBEKANNTES TERRAIN

Beim Betreten eines Restaurants öffnet der Herr die Tür und tritt noch vor der Dame in den Raum. Das Restaurant ist für die Begleitung unbekanntes Gebiet, deshalb geht der Gastgeber zuerst durch die Tür. Selbstverständlich hält er dennoch seiner Begleiterin die Tür auf und erkundigt sich anschließend beim Ober nach einem freien Tisch beziehungsweise der zuvor getätigten Reservierung.

 

Bei der Abgabe der Garderobe nimmt immer der Begleiter der Dame den Mantel ab und übergibt dann beide Mäntel an den Ober. Zu keinem Zeitpunkt lässt er zu, dass der Ober die Dame berühren könnte. Auf dem Weg zum Tisch geht der Oberkellner vor, gefolgt von der Dame, hinter ihr der Herr. Am Tisch angekommen, darf der Kellner der Dame den Stuhl näher schieben, damit sie sich setzen kann.

 

DAS PROLETENBESTECK

Es empfiehlt sich, schon vor dem Betreten des Restaurants das Handy lautlos zu schalten. Brille, Schlüsselbund, Geldbörse und Handy, das sogenannte Proletenbesteck, gehören nicht auf den Tisch. Der Gentleman hat die Brille auf der Nase und den Rest der Utensilien in seinem Jackett verstaut. Alternativ bietet sich auch die Handtasche der Begleiterin an – vorausgesetzt beide sind sich bereits zuvor vertraut.

 

SCHON VOR DEM GEHEN AUFBRECHEN

Noch bevor die Speisekarte gereicht wird, kann die Serviette „aufgebrochen“ und auf den Schoß gelegt werden. Oder die Serviette, die oft zu einem Kunstwerk drapiert war, wird locker zusammengefaltet und rechts neben dem Besteck abgelegt, sodass die geschlossene Seite nach außen zeigt.

 

Nachdem die Bestellung aufgenommen, und die Speisekarte zurückgegeben wurde, kann die Serviette auf den Schoß gelegt werden. Die geschlossene Seite zeigt dann nach vorne zu den Knien. Die zu öffnende Seite liegt Richtung Körper. Vor jedem Anheben der Gläser werden die Mundwinkel mit der Innenseite der Serviette abgetupft.

 

GLÄSER-ETIKETTE

Die Reihenfolge, aus welchen Gläsern zuerst getrunken wird, ist leicht zu merken: von rechts nach links. Gläser mit Stil fasst der Gentleman immer am Stil an, niemals am Kelch. Der Sommelier achtet auf wohltemperierten Wein. Der Gentleman weiß, dass Weißwein seine Aromen am besten bei 6 bis 8 Grad und Rotwein bei 16 bis 18 Grad entfaltet.

 

BESTECK & GEDECK

Das erste Besteck, das der Gentleman zur Vorspeise aufnimmt, liegt ganz außen – rechts und links. So wird das Besteck immer weiter von außen nach innen benutzt. Hier gilt: Besteck, das einmal aufgenommen wurde, erfährt keine weitere Tischberührung. Das Besteck liegt während einer Essenspause gekreuzt auf dem Teller. Die Gabelzinken nach oben, sodass man eine eventuelle Gravur auf der Rückseite der Gabel nicht sehen kann. Ist das Essen beendet, wird das Besteck parallel auf vier Uhr gelegt. Das Messer liegt oberhalb der Gabel.

 

APPETITMACHER

Der Brotteller (Couvert-Teller) samt Buttermesser ist links neben dem Besteck eingedeckt. Der Gentleman bedient sich am Brotkorb und nimmt etwas Butter oder sonstigen Aufstrich auf seinen Brotteller. Er bricht ein mundgerechtes Brotstück ab, streicht mit dem Messer etwas Butter darauf und steckt es komplett in den Mund. Ein Gentleman wird sich keine Stulle schmieren oder das Butterbrot abbeißen. Es sollen ja nur Appetithäppchen zum Aperitif sein.

 

SUPPE – HEISSGELIEBT

Wird eine Suppe serviert, wird der Löffel in die Suppe getaucht und dann am hinteren Tellerrand leicht abgestreift. So kann der Tropfen, der sich bei jeder Suppe unterhalb des Löffels gebildet hat, nicht die Kleidung beschmutzen. Ein kleiner Rest verbleibt immer im Suppenteller, denn dieser wird nicht gekippt. Eine Suppentasse hingegen darf mit beiden Händen an den Henkeln zum Mund geführt werden. Doch nur, wenn es sich um eine klare Suppe handelt und die Einlage bereits herausgelöffelt wurde.

 

DAS GEHEIMNIS DER LANGSAMKEIT

Wird der Hauptgang serviert, findet man das Gemüse meist auf 10 Uhr, die Beilage auf 14 und das Fleisch auf 6 Uhr. Der Teller sollte immer so vor dem Gast stehen, dass das Fleisch dem Gast am nächsten ist. So muss er zum Schneiden nicht über die Beilagen greifen. Wenn ein Stück zum Beispiel vom Fleisch abgeschnitten ist, dreht der Gentleman die Gabel in der Hand, dass die Gabelzinken nach oben zeigen. Erst dann führt er die Gabel zum Mund. Hier werden durch eine langsame Handhabung die besten Ergebnisse erzielt. Ein Verschlingen der Mahlzeit ist somit ausgeschlossen und der Gentleman punktet durch seine Tischmanieren. In Knigge-Seminaren gibt es dazu einen Leitsatz: »Iss zuhause wie beim König, dann isst Du beim König wie zuhause.«

 

BEI TISCH

Der Gentleman legt nur die Hände auf den Tisch, nicht den Arm. Wenn versehentlich eine Gräte mit dem Fisch im Mund gelandet ist, führt man die Gabel zum Mund und legt die Gräte auf einem extra bereitgestellten Grätenteller, oder am eigenen Tellerrand ab. Gräten und anderes Unangenehmes im Mund geht raus wie rein: mit der Gabel. Zahnstocher werden zwar an den Tisch gebracht, kommen aber erst in der Keramikabteilung zum Einsatz. Niemals bei Tisch.

 

Zum Rauchen wartet der Gentleman bis nach dem letzten Gang: So vermeidet er, dass sich andere Gäste durch kalten Zigarettenrauch gestört fühlen könnten. Zum Bezahlen geht der Gentleman direkt zum Kellner. Er begleicht diskret die Rechnung und vermeidet, dass sein Gast erfährt, was ihm das Dinner oder auch der Lunch Wert war.

 

Fazit: An Tisch und Tafel steht für den Gentleman der höfliche, freundliche und aufgeschlossene Umgang mit Menschen im Vordergrund. Auch die Ess- und Tischkultur lebt er locker und authentisch.

 

Dieser Artikel erschien zuerst am 11.11.2017 auf dem Gentleman-Blog

 

Die Autorin

Birgit A. Eggerding ist ausgebildete Kommunikationstrainerin, Businesscoach, Knigge-Expertin und Vizepräsidentin des Bundesverbandes Farbe, Stil, Image e.V. Im Gentleman-Blog vermittelt sie praxisnahe Lösungsansätze für das Verhalten in herausfordernden Lebenslagen.